Ein HR Tag im Jahr 2030

6. Juni 2023

6:15 Uhr:
Der Wecker projiziert den Sonnenaufgang. Auf dem Weg ins Bad – jetzt nicht hinschauen – es gibt 4 Alerts. Vier! Schon i m Schlaf- zimmer! „ Jetzt bitte nicht, Alexi , bitte nach dem Frühstück. Im Auto. “ Alexi ist die Echobox. Das KI-System der Firma läuft auf Echo. Beim Frühstück dann wieder ein Alert. Jetzt sind es 8 rote mark ups. Also doch einen Blick darauf werfen ? Eine kurze Handbewegung reicht dafür.
Drei Sicherheitsmeldungen aus dem Bereich Delegations in Asien. Zwei weitere aus der Payroll Administration. Der electronic Cash Transfer für 22 Freelancer und zweihundert Fixies im Werk wurden geblockt. Dazu eine Compliance- meldung. Die wiederum geht nur mit Authentifizierung im Office auf.

Eine Erklärung liefert das System nicht. Der Bereich Human Resources ist in der Integration noch weit hinter Supply Chain oder etwa Finance her. Dort ist bereits Singularität erreicht. Die Systeme, egal welche, integrieren sich selbst und lernen voneinander. Das alte Schlagwort ‚predictive analytics’ ist hier Realität. Die über 400 globalen HR -Verfahren sind noch nicht ganz barrierefrei und fallen noch unter verschiedene internationale Rechts- gebiete, die Daten-Transparenz- schranken haben. Es braucht also menschliche Hypothesen eines erfahreneren und mitdenkenden Personalers. Intuition sagt dann meist schon, wie die Themen zusammenhängen. Also Kaffee und ab ins Office.

7:30 Uhr:
Etwas Yoga im Auto geht, wenn man die Selbstfahrautomatik auf ‚Relax ‘ stellt. Das stört zwar ein wenig den Verkehrsfluss, aber erlaubt eine Telco nebenbei mit Sabine.

Sabine ist wieder angesprochen worden. Ein Design Thinking Team will sie für 3 Wochen, um neue Fabrik-Avatare zu entwickeln, denn Personaler sind äußerst beliebt in der Produktentwicklung. Sie sind nicht nur professionell empathisch und denken humansystemisch, sondern können den Technikern auch noch Definitionen und Begründungen aus psychologischer Perspektive dazu liefern.

Sabine hat in ihrer Babypause ein Start Up mit gegründet, das ein neues Geschäftsmodell für HR -Berater-Avatare entwickelt hat. Sie crawlen durch die HR Verfahren und elektronische Kommunikation der Mitarbeiter, und identifizieren besondere Talente. Und vernetzen Diese dann auch noch gewinnbringend. Mitarbeiter können sich ungewöhnliche Karrierepfade und laterale Projekteinsätze vorschlagen lassen, die ihre Kompetenzen verstärken.
Die Basis ist ein Persönlichkeitsalgorithmus, den bisher keine Universität erklären kann, der aber funktioniert und extrem hohe Lizenzen kostet. Vor ca. 5 Jahren sind Zulieferer und Kundenfirmen mit auf den Zug gesprungen und beteiligen sich. Karrieren entwickeln sich also über die gesamte Wertschöpfungskette – unabhängig von Firmengrenzen. Sabine war sebstt eine der letzten ,Personalberater’ – ihre Berater- ‚Gene’ – ticken jetzt in vielen Millionen dieser HR -Avatare weltweit. Und sie hat daran Equity. Trotzdem bleibt sie bei uns.

Die guten alten Start Up Erfahrungen sind auch für andere Talents immer noch die beste Schule für unternehmerisches Denken. Leider gibt es nicht mehr viele ‚ echte ,konzerninterne’ Start Ups – die Cashburnrate ist zu hoch – freie Seedfonds sind immer einen entscheidenden Tick kritischer und schneller. Die Fonds ziehen das ,Seeding’  generalstabsmäßig hoch.

Richtige Geschäftsmodelldisruptionen sind auch selten geworden – jetzt geht es wieder um die klassische Prozessintelligenz. Aber aus Personalentwicklungssicht sind sie immer noch das non-plus-ultra. Alle Capabilities werden trainiert – Selbstreflektion, Trustmanagement, Rollenpositionierung, Systementwicklung, Passion-Colla- boration, Mustererkennung und Musterbruch. Auch, und gerade weil die start ups fast alle scheitern. Die Teams brauchen nur Supervision von einem Kulturcoach und müssen sich regelmäßig spiegeln. Das bieten wir – nur keine internen ,fucked up’-Partys mehr – wir machen wieder klassisch lessons learned’ Neben diesen gescheiterten Start Up – Gründern und unseren Avataren, gibt es auch immer mehr Self Proposals für Führungspositionen. Das passiert inzwischen global, divers, über alle kulturellen Kreise und Altersgruppen hinweg, und vor Allem genderneutral. Auch Männer trauen sich wieder was in Personal- führungsfunktionen zu und melden sich zunehmend für Testteams.

10:00 Uhr – Strategiemeeting:
Auf der Agenda steht Strategic Workforce Balancing. Die Umsatzprognosen sind gut und wir können das Verhältnis von Freelancern zu festen Mitarbeitern in den nächsten Quartalen in fast allen Kompetenzgruppen zu Gunsten der festen verschieben. Bei festen Mitarbeitern steigt die Produktivität schneller auf Soll, wei l kulturelle Barrieren geringer sind , stabile interne Netzwerke helfen und es weniger Wertekonflikte gibt . Freelancer sind aber einfach schnel- ler verfügbar und passen oft genauer auf das gefragte Profil. Und sind deutlich anspruchsloser, als feste Mitarbeiter. Und sie passen besser in eine fluide Orga- nisation. Aber kaum einer bleibt länger als 6 Monate: Aus HR Sicht muss ma n hier stark ausbalancieren und die Quartalssicht der CEOs und Aktionäre etwas weiten. Dank der ŶeueŶ KPI͛s ist das auch gut zu begründen.

12:00 Uhr – Mittagessen
Mit der Arbeitsgruppe Re- putation-Management. Der Kultur Barometer hat intern und in den sozialen Netzwerken ausgeschla- gen, und empfiehlt Social Coun- ce ling. Tatsächlich gibt es einen Konflikt der ‚ great-working-place ͚ mit den Investoren – Reputations- managern. Hier hat HR schon immer eine Mediatorenrolle ein- genommen.

13:30 Uhr – Verabschiedung
Die letzte Change Beraterin wird in den Ruhestand verabschiedet. Die systemische Change Berater Gruppe gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr. Sie haben zum Schluss die fluide Kultur nur noch weiter angeheizt. Die ‚We need shelters‘ -Bewegung sucht ja schon seit Jahren nach Ruhe- und Bezugspunkten in der Organisation, um berechenbare Kristallisations- punkte für Menschen in Organisationen zu finden . Das braucht auch das Geschäft: Berechenbarkeit. Selbst eingerichtete Arbeitsräume. Oder über Jahre stabile Mentorenbeziehungen. Keine Selbstdefinition von Rollen mehr durch Holo-Teams. Wiedererkennbare und beruhigte Benutzeroberflächen, entzerrte Tagespläne und lange Blöcke für Weekly Action Item Reviews.

Selbststeuerung und – verantwortung kann gezielt für ganze Bereiche abgegeben werden. Taskforce und Teammeeting-freie Jahreszonen werden eingerichtet. Keine Sprint-Planungen mehr. Der Continuous Performance Management Process wird quartalsweise ausgesetzt und OKR’s einfach halbiert. Entscheidungen werden temporär nicht mehr auf die niedrigste mögliche Ebene delegiert sondern von sogenannten ,Vorgesetzten’ temporär übernommen.

16:00 Uhr – Learning Organisation Group
Es geht darum, Unternehmensinteressen in Virtual Learning und Virtual Certification Runden zu vertreten . Wir schauen uns ein Life Meeting Training an. Mit 3D-Brillen, um gleich Körperhaltung und Augumented Reality Elemente zu deren Erläuterung zu sehen. Wirklich nett gemacht! Aber am Thema vorbei. Wir wollen unsere eigenen Unternehmenswerte und unsere Prozesse in den Trainings sehen, und auch nach unseren eigenen Unternehmensstandards zertifizieren. Und nicht nur unser Logo auf irgendwelchen Universitäts-WBT’s sehen. Auch inhaltlich: Wir brauchen nach wie vor diese klassischen Virtual Leadership Courses, weil dort viele Werte und interkulturelle Kompetenzen vermittelt werden. Aber nicht so!

17:30 Uhr – Gast im internationalen Betriebsräte-Council
Auch ein 3D-livemeeting. Nach der Abschaffung der Flächentarifverträge im Jahr 2022 und der Einführung des europäischen Betriebsverfassungsrechts im Jahr 2026 gibt es jetzt europaweit ausbalancierte ,Cafeteria-systeme’ in dem sich feste Mitarbeiter und Freelancer monetäre und nicht- monetäre Benefits je nach Rolle zusammenstellen. Der Beratungs- bedarf ist groß, die BR -Kollegen brauchen Hilfe bei der Findung ihrer Beraterhaltung.

Harte Konflikte lösen jetzt virtuelle Schiedsgerichte – Arbeitsgerichtsprozesse sind selten geworden. Betriebsräte haben stärker eine Beratungsrolle, auch dem Management gegenüber. Sie prüfen und empfehlen bei zustimmungspflichtigen Unternehmensinitiativen den Mitarbeitern und Freelancern für die Basisabstimmung Zustimmung oder Ablehnung. Hier ist für die HR- Organisation politisches Feingefühl nötig. Unternehmenspolitik und Zusammenhänge müssen erklärt und systematisch beiderseitige Perspektivwechsel erzeugt werden.

19:00 Uhr: Sabine ruft an:
Ein semantischer Sensor hatte am Morgen bei mir Alarm geschlagen. China hat generell Avatare, die in Chinesischen Cloud Servern laufen, zu steuerpflichtigen Subjekten erklärt . Finance verlangt deshalb ab sofort Transferpreise. Zudem droht Permanent Establishment. Die Geschäftsmodelle der HR Service Organisation rechnen sich jetzt erstmal nicht mehr. Deshalb hat die KI eine Compliancemeldung gegeben, alle Zahlungen auf Null gestellt und bei der europäischen Steuerausgleichsbehörde ein Ticket aufgemacht. Dass hat Zeit bis morgen!

20:30 – Abendessen beim Mongolen:
Die erste ,klassische’ Pensionierung seit Jahren. Der Kollege hat 1990 mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag im Hause begonnen. In meiner Rede nehme ich ein paar Passagen aus seinem Arbeitsvertrag und der Arbeitsordnung von damals auf die Schippe. Schön, auch mal die alten mütterlichen Rollenaspekte als HR- Leiter anklingen zu lassen.

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