Die Digitalisierung von HR entfacht gerade eine Renaissance für das Thema Kompetenzmanagement.
Kompetenzmanagement war viele Jahre ein nicht eingelöstes Versprechen von HR..
Ein komplexes, bürokratisches Ordnungssystem – mit zweifelhaftem Nutzen fürs Unternehmen – außer der Befriedigung von Tarifsystemen..
Digitale HR Tools wagen jetzt einen neuen Anlauf und versprechen jetzt wirklich einen Zusatznutzen.
Es gibt kaum ein Unternehmen der vergangenen 20 Jahre, das keine eigene Abteilung oder wenigstens die Funktion ‚Kompetenzmanagement‘ hatte. In meiner Vergangenheit produzierten sie unendliche Listen mit hunderten Kompetenzen und ganze Gebirge von Job Profilen. Und in hochkomplexen Bewertungssystemen wurden diese Gebirge mit Tarifsystemen und deren Eingruppierungen abgestimmt. Komplexe Karrierelandkarten, Verlinkung mit Seminarkatalogen, Zertifikate-Datenbanken und Incentive-Tabellen waren dann die Derivate dieser Arbeit. Viele Manager standen ehrfürchtig vor dieser komplexen HR-Bürokratie und fragten sich immer wieder: Ist das denn wirklich notwendig – und was ist der wirkliche Benefit für uns? Teilweise zu Recht!
Wo lag das Problem?
Es gibt eine Reihe von Gründen:
- Kompetenz an sich ist schon ein schwammiger Begriff im Unternehmensalltag. Je nach Definition geht es um fachliche Kenntnisse, Erfahrungen, Methodiken, Zertifikate, komplexe Fähigkeiten oder auch persönliche Eigenschaften, Haltungen, Motive, etc.
- Die Erfassung von Kompetenzen in einer nominalen oder gar skalierbaren Form setzt da noch einen oben drauf. Wer beurteilt denn wie, ob jemand eine Kompetenz besitzt – oder nicht?
- Die Zuordnung der Kompetenzen zu Rollen und Job Descriptions, die Überführung in Verantwortungs- und Aufgabenbereiche, in Minimum requirements für ausgeschriebene Stellen – ein Dauerthema für jeden Personaler! In Deutschland ist man da auch noch tief in der Mitbestimmung und im Tarifrecht.
- Und: was macht man dann überhaupt damit? Kompetenzbasierte Entwicklungssysteme, Performance Management, Zielsysteme – theoretisch alles plausibel davon ableitbar. Aber praktisch erzeugt das Ganze wiederum eine Bürokratie von Prozessen und Schnittstellen, die gemanagt werden müssen. Und jede Änderung lässt das System als starr und unflexibel erscheinen.
- Die Einführung von solchen Systemen bindet Ressourcen und Zeit. Die Reaktion auf die Frage, was davon das Geschäft wirklich einen Schritt weitergebracht hat, ist oft ein ratloses Achselzucken. Kaum hat man es eingeführt, ist es schon wieder nicht mehr relevant, weil die Organisation sich schon wieder weiterentwickelt hat.
Im Zuge agiler werdender Organisationen sind Unternehmen abgekommen von der kleinteiligen Verwaltung von einzelnen Skills in jedem einzelnen Job Profil. Denn es gilt als Ausdruck einer allzu ‚blauen‘ Bürokratie-Kultur. Agile Unternehmen versuchen das abzuschütteln –
finden dann aber heraus, dass selbstgesteuerte und agile Unternehmen sich irgendwann wieder ganz von selbst wieder mit detaillierten Rollenbeschreibungen beschäftigen (Holacracy). Geht’s also ab einer bestimmten Größe nicht ganz ohne?
Statt der kleinteiligen Skill-Datenbanken sind dann einfache Kompetenzmodelle entstanden, die eher Haltungen und kulturelle Faktoren (z.B. Agilität, Kollaboration oder Ownership) erfasst und diese dann mit Verhaltensbeispielen hinterlegt haben – als gemeinsame kulturelle ‚Sprache‘ im Unternehmen.
Warum wird das im Rahmen der Digitalisierung anders – oder sogar besser
Kernproblem dieser alten bürokratischen Kompetenz-Ungetüme war die Tatsache, dass es sich meist um Excel-/pdf- basierte Instrumente handelte. Und die mussten in manuellen Prozessschritten mit einer großen Gruppe von Stakeholdern abgestimmt und ausgerollt werden.
Das hat die Sache zunächst langsam und unbeweglich gemacht
Intelligente HR Tools bringen da jetzt Speed rein. Und die Instrumente sind ‚real time‘ vernetzt. HR Suiten schaffen einen niederschwelligen Zugang für Manager – die Kompetenzprofile aller Mitarbeiter oder Job Profile sind jetzt ‚at your fingertip‘ verfügbar.
Kompetenzdatenbanken sind selbsterklärend und einfach strukturiert. Die komplexeren HR Tools sind automatisch verbunden mit Job Börsen und Bewertungssysteme laufen automatisch im Hintergrund.
Kompetenzbasierte Prozesse wie Performance Management oder Nachfolgeplanung lassen sich per ‚pick and drop‘ selbst gestalten – notfalls sogar einheitlich für eine globale User Community. Und viele große HR Suiten bringen schon voreingestellte Kompetenzprofile oder Prozesse mit, die nur noch adaptiert werden müssen. Übersichtliche ‚Dashboards‘ schaffen Transparenz und Überblick über die eigenen Ressourcen. Angeschlossene Digital Learning Plattformen lassen die gute alte ‚Bildungsbedarfsanalyse‘ aussehen wie die Schreibmaschine neben dem Smartphone.
Die Digitalen HR Instrumente sind tatsächlich dabei ein altes Versprechen von Kompetenzmanagement schrittweise wirklich einzulösen!
HR Suite – oder ‚Best-of-Breed‘?
Allerdings hat nicht jede Organisation die Kapazitäten sich in den nächsten Jahren eine umfassende HR Suite wie SuccessFactors oder workday oder SABA zuzulegen. Diese Systeme integrieren Kompetenzmanagement bereits in unterschiedliche Workflows – allerdings jeweils mit sehr unterschiedlichen Ansätzen. Das sollte man sich vorher genau anschauen!
Der ‚Motor‘ dahinter ist immer der gleiche: die Cloud-Technologie. Erst dadurch werden die Systeme hochflexibel und die verschiedenen Subprozesse vernetzbar. Und die Cloud-Technologie hat auch ihren Preis.
Zwischen dieser schönen neuen Tool-Welt im ‚Apple-Design‘ und dem grauen ‚Hier und Jetzt‘ mit der antiquierten HR Tool-Landschaft stehen allerdings ein paar schwere, arbeitsreiche Monate der Einführung. Eine HR-IT-Integration ist meistens ein umfangreiches Change Programm.
Es gibt aber auch eine Reihe kleinerer Instrumente, die ebenfalls Cloud-basiert einfach strukturierte Datenbanken mit Kompetenzen und vorgefertigten Job Profilen anbieten. Und wie die ‚großen‘ eine simple Abfrage von Kompetenzen (Vorgesetzter, Mitarbeiter) erlauben und auch die systematische Nachbearbeitung dieser Daten ermöglichen. HCM4all ist eines dieser Tools, deren Systemkern Kompetenzmanagement ist. So eine ‚Best of Breed‘ Lösung kostet oft nur einen Bruchteil einer Suite und ist binnen Tagen einsatzbereit.
Renaissance fürs Kompetenzmanagement
Neben der Cloud-Technologie gibt ein anderer Umstand dem Thema Kompetenzmanagement derzeit Rückenwind: Die Digitalisierung und der Fachkräftemangel – was bei in Zukunft zunehmendem Restrukturierungsdruck strategische Kompetenzentwicklung unabdingbar macht.
‚Wen von meinen Leuten kann ich in Zukunft wohin weiterentwickeln, wenn wir unser Geschäftsmodell umstellen?‘ … ist die ganz große HR-Frage der kommenden Jahre! Ohne ein strategisches Kompetenzmanagement ist diese Frage für einen Großteil der Unternehmen ab ca. 1000 Mitarbeitern nicht mehr praktikabel beantwortbar.
Dazu kommt ein weiterer Fakt: Soziale Medien machen die Kompetenz-Märkte immer transparenter. Wenn Recruiter auf Xing oder LinkedIn meine eignen Kompetenzen besser beurteilen und wertschätzen können als mein eigenes Unternehmen – warum soll ich dann dortbleiben? Kompetenzmanagement wird also zum Wettbewerbs- und Retention-Faktor auf den Recruiting Märkten.
Letzte Frage: Wo geht’s hin?
Alle diese Instrumente, über die ich gerade geschrieben habe, berücksichtigen jedoch noch nicht den Turbo-Lader ‚Künstliche Intelligenz‘.
Es gibt bereits die ersten erfolgreichen Startups, die automatisch Job Datenbanken mit Millionen von Profilen durchforsten und so ‚kompetenzbasierte‘ Jobprofile der Zukunft ‚on demand‘ erstellen. Ganz automatisch – für jeden Bedarf. Und die natürlich dann die entsprechenden Kandidaten aus den Sozialen Medien fischen und diese mit den besten Profilen matchen können. Skillconomy ist so ein Unternehmen. Das sind bereits die smarten Headhunter der Zukunft.
Und wenn es um die Frage von Nichtfachlichen Kompetenzen geht: Einstellungen, Haltungen Persönlichkeit, etc. – auch das ist längst Standard. Es genügen ja bekanntlich nur wenige Klicks auf Facebook oder selbst geschriebene Texte, um ein Persönlichkeitsprofil zu erstellen. Die großen HR Suiten haben auch deshalb so einen Boom, weil die personenbezogenen Daten dahinter so wertvoll sind. Datenschutz hin oder her.
Wer denkt: das geht mich trotzdem alles nichts an – das managen wir selbst am besten, sollte auch mal daran denken, was mit so einer Technologie und frei verfügbaren Daten jetzt schon etwa im Rahmen einer Due Diligence in einem (unfreundlichen) M&A Projekt machbar wäre.
Alle diese Fragen machen es notwendig, sich rechtzeitig zu strategischem Kompetenzmanagement im eignen Unternehmen Gedanken zu machen. Etwa in einem kleinen Strategieworkshop.
Smartes Kompetenzmanagement wird die neue Währung für Unternehmenserfolg werden!